Denker und Rebell

Wer nicht weiß, wer Ivan Illich gewesen ist, dem sei dieses kleine Büchlein wärmstens empfohlen. Den Lesern wird einer der wichtigsten Denker des 20. Jahrhunderts nahe gebracht – ein großer Gelehrter, der nicht von gut bezahlten Lehrstühlen herab große Reden schwang, sondern jemand, der mit seinem ganzen Leben für das eintrat, was er sagte und dachte. Aber auch Freunde und Kenner von Ivan Illich werden hie und da Neues erfahren und ihre Freude an der Lektüre haben.

Barbara Duden und Henriette Cejpek haben dieses Buch von Thierry Paquot, einem langjährigen Freund und Mittdenker Illichs, aus dem Französischen übersetzt und an manchen Stellen inhaltlich für deutsche Leser überarbeitet. Illichs Lebens- und Denkwege werden anschaulich und erzählend dargestellt und in kleinen Kästchen werden zentrale Konzepte seines Denken kurz und knapp erklärt. Die Auseinandersetzung mit Ivan Illichs eigenen Schriften ersetzt diese Einführung jedoch nicht, im Gegenteil: Ich hoffe, dass dieses Buch ÜBER Illich schließlich mehr deutsche Leser dazu anregt, auch Bücher VON Illich zu lesen. In vielen anderen Ländern, von Korea bis nach Mexiko,  werden Ivan Illichs Bücher und Ideen neu entdeckt und diskutiert. Lediglich in Deutschland, seiner späten Wahlheimat, ist er ein wenig in Vergessenheit geraten. Dabei ist seine Kritik am Medizin- und Bildungssystem,  am industriellen Wachstum, am Computer und an der Dienstleistungsgesellschaft aktueller und brisanter als je zu vor. Daher kann ich nur raten: Fangt mit diesem Büchlein, und macht weiter mit Illichs „Selbstbegrenzung“, „Nemesis der Medizin“, „Entschulung der Gesellschaft“…  – übrigens alle bei C.H. Beck neu aufgelegt.